15. Juni 2016

Oslo

Hallo liebe Leser,

das Ziel ist erreicht, Oslo, die norwegische Hauptstadt. Das Wetter hat gut mitgespielt. Bis auf heute blieb es sonnig und warm.

In Göteborg bleibe ich zwei Tage, um die zweitgrößte Stadt Norwegens näher kennen zu lernen. Es besitzt ein schönes Stadtzentrum, eine Uferpromenade mit Museumsschiffen und eine große Fußgängerzone. Außerdem ist es ein Verkehrsknoten in Bezug auf Eisen - und Straßenbahn. Ein Höhepunkt ist auch der botanische Garten mit seinem großen Palmenhaus.

Die nächste Etappe nach Strenungssund ist nur 50 km lang, sie beginnt aber mit Regen und heftigem Gegenwind auf der Hochbrücke über den Göteborg - Kanal. Das Wetter wird zunehmend besser, der Wind bleibt. Der Wald bricht dessen Kraft etwas. Die liebliche Hügellandschaft lässt nicht erwarten, wie oft es bergauf und bergab geht. Strenungssund ist eine kleine Industriestadt mit einer großen Raffinerie und einem unterirdischen Ölkraftwerk. Meine Unterkunft liegt 5 km außerhalb. Das Gasthaus Jordhammer bei einem großen Pferdehof vermietet einfache Doppelzimmer.

Der Weg nach Dingle, bei Munkedal, geht zunächst über die Insel Orust. Die Straßen sind sehr ruhig aber auch sehr bergig. Die Fähre bringt mich nach 45 Minuten Wartezeit ans andere Ufer. Das andere Ende der Insel ist durch eine hohe Brücke mit dem Festland verbunden. Wieder quält mich die Höhenangst. Drüben geht es idyllisch und bergig weiter bis Munkedal. Die Ortsausfahrt beschildert nur die Zufahrt zur Autobahn. Die Straße nach Dingle finde ich nach Bauchgefühl. Wieder lande ich auf einem Bauernhof - diesmal etwas verwahrlost. Die Zimmer sind in einem Anbau an die Scheune eingerichtet.

Der darauf folgende Tag wird zur bisher anstrengendsten Etappe. Es geht über die Grenze nach Norwegen. Die alte Hauptstraße ist abgelöst von der Autobahn. Es verkehren kaum noch Fahrzeuge je näher man der Grenze kommt. Infrastruktur gibt es keine - weder Dörfer noch Läden, die Grenzkontrolle ist unbemannt. Erst in Halden kann ich Getränkenachschub besorgen. Norwegische Kronen gibt's nach längerer Suche am Geldautomaten der Sparkasse. Die verbleibenden 25 km werden nun zur Herausforderung. Um die richtige Ausfahrt zu finden, halte ich mich zunächst an die Hauptstraße 21. Die macht aber dermaßen unnötige Höhensprünge, dass ich ständig schieben muss, sehr zum Ärger der gestressten Autofahrer. Endlich auf der richtigen 118 ziehen sich die Kilometer endlos. Sarpsburg liegt auf dem Bergrücken, so dass die Straße dauernd steigt. Ich erreiche das gebuchte Hotel 1016 Olav erst um 8:30 Uhr nach über 12 Stunden Fahrt.

Sarpsborg feiert sein 1000jähriges Jubiläum, 1016 war das Gründungsjahr. Dazu gibt es am heutigen Tag ein Open-Air-Konzert. Deshalb und weil das Frühstücksbuffet außergewöhnlich umfangreich ist, verlängere ich um einen Tag. Ich entdecke den wasserreichsten Wasserfall Europas eigekeilt zwischen drei Kraftwerken und einer Chemiefabrik, die aus Fichtenholzschnitzeln Zellulose, Ethanol und Vanillearoma gewinnt. Die Anlage mutet etwas veraltet an. Eine neue Anlage zur Produktion von Nanofiber -Zellulose wird gerade gebaut.

Die Fahrt nach Moss beginnt mit der angenehmen Strecke nach Fredrikstad. Die Hochbrücke ist eigentlich wegen Bauarbeiten gesperrt. Ich schiebe durch die in Sonntagsruhe befindliche Baustrasse. In der Stadt erreiche ich gerade noch den Sonntagsgottesdienst, ein sehr katholischer Protestantismus. Die Ortsausfahrt zu finden gelingt nur durch Übrsehen von Sperrschildern für Radfahrer. Auf der Nebenstrecken 118 gelange ich bei sonntäglichem Ausflugsverkehr auf die Hauptstraße 19. Sie führt direkt zum Nesparken in Moss mit dem gleichnamigen Hostel. Das gehört inzwischen den norwegischen Pfadfindern und verlangt unanständige Preise : über 80 Euro für den Einzelwanderer. Ich bezahle wieder einmal für zwei. In Moss beginnt die S-Bahn nach Oslo und verbindet eine gut frequentierte Fähre das gegenüber liegende Ufer des Oslo-Fjords.

Die letzte Radetappe beginnt zunächst unerfreulich. Die schmalen Nebenstraßen werden vom Maut-Vermeidungsverkehr durch Lkws belastet. Bis As versuche ich, die Radroute nach Oslo zu finden. Von dort führt sie aber über einen dermaßen ungepflegten Schotterweg, dass ich beschließe, nur noch Straßen zu nutzen. Mehr durch Zufall gelange ich dann - gegen alle Wegweiser - auf die Tusenfryd - Route. Sie mündet in die 10 km lange Uferpromenade auf der Ostseite des Oslofjords. Der Weg zum Anker - Hostel ist schnell gefunden. Hier übernachte ich vier Nächte für 90 Euro, im Schlafsaal mit eigenem Bad und kleiner Küche.

Die nächsten Tage sind der Stadterkundung mit und ohne Rad gewidmet. Auch ein Besuch des neuen Opernhauses ist gebucht. Sonntag bringt mich die DFDS - Fähre dann nach Kopenhagen zurück. Sie kostet nur ein Fünftel der Kiel-Fähre. Von da geht es mit Zug und Rad nach Gedser und weiter nach Rostock.

Viele Grüße aus dem regnerischen Oslo

Joachim