21. Juni 2012

Lefkosia (Nikosia)

Hallo,

nach dem erholsamen Wanderungen in Pano Platres kommen nochmals zwei anstrengende Fahrten, um das Troodosgebirge zu verlassen:

Am Montag starte ich zur Fahrt nach Agros. Leider geht es zuerst 500 Hoehenmeter auf der B8 in Richtung Lemesos abwaerts so, dass die Bremsen "gluehen". Zweimal lege ich eine Pause zur Abkuehlung der Felgen ein, an denen die gesamte Enegie in Waerme umgewandelt wird. Von 700 m muss ich dann wieder auf 1200 hochschieben - anfangs mit 12% Steigung. Da wird selbst das Schieben des schweren Rades muehsam. Nach einer Mittagspause in Pelendri gehts nochmal abwaerts dann hoch zur 'Kurstadt' Agros: von dort stammt ein Teil des zyprischen Mineralwassers. Im Hotel "Vlachos" bekomme ich ein Zimmer fuer 20 Euro.

Am Dienstag gehts nun abwaerts in die Ebene von Nikosia. Zuerst aber muss der "alpine" Pass in 1270 m Hoehe ueberwunden werden. Danach rollt das Rad bei leichtem Gegenwind fast von alleine. Einer der vielen Stahldeckel der in der Strasse verlegten Telefonleitungen bringt mein Hinterrad erneut zum Luftlassen. Obwohl ich beim Fahren fast immer mit den Augen gebannt die Fahrbahn nach Schlagloechern und Dornen absuche, komme ich der tiefen Stahlrille zu nah, so dass der Reifen hineinsinkt und den Schlauch quetscht. An einem Rastplatzkiosk kann ich den letzten noch dichten Schlauch einbauen - es ist bereits der vierte...

In Lefkosia gibt es leider kein HI-Hostel mehr. Das staatliche Youth Hostel hat eine Altersgrenze von 35 Jahren festgelegt. So suche ich in der Altstadt ein Hotelzimmer. Im "Sky", das auch vom 'Lonely Planet' empfohlen wird, finde ich fuer 40 Euro pro Nacht ein schoenes Zimmer - endlich wieder mit Klimaanlage. Das ist eine Wohltat bei dem feucht-heissen Klima in der Stadt.

Zuerst besorge ich am naechsten Tag Ersatz fuer den Schlauch, dann besuche ich verschiedene Museen. Das "Cyprus Museum" fuer Archaeologie ist eher enttaeuschend, das kaum erwaehnte neue Stadtgeschichtliche Museum dagegen ein Highlight. In einer Ikonenausstellung der oertlichen Bank finde ich - endlich - eine Ikone mit den heiligen Joachim und Anna...

Heute besuche ich den tuerkisch besetzten Teil der Stadt. Es gibt eine militaerisch bewachte Zonengrenze mit Stacheldrahtrollen und Beobachtungsstaenden auf tuerkischer Seite. Die "Einreise" auf dem Fussgaengeruebergang geschieht mit einem in den Pass eingelegten Visumszettel relativ formlos. "Drueben" beeindrucken die grossen Moscheen. Eine im franzoesischen Stil gebaute gotische Kathedrale bildet die Hauptmoschee - eine unwirkliche Szenerie wie sich die schraeg zur Kirchenachse nach Mekka gerichteten Gebetsnischen in den Raum einfuegen. Ansonsten lebt die Stadt von den Tagesgaesten, die in einer langen Basarstrasse viel einkaufen und abends wieder zuruecklaufen. Hotels gibt es fast keine...

Morgen reise ich auch mit dem Rad nach Nordzypern ein: Ziel ist die Hafenstadt Girne an der schoenen Nordkueste.

Viele Gruesse aus dem tropisch warmen Lefkosia

Joachim Heidinger

17. Juni 2012

Polis und Troodos

Hallo,

derzeit befinde ich mich auf Hoehen zwischen 1200 m und 1700 m im Troodosgebirge. Aber auch hier oben herrschen Temperaturen ueber 30 Grad. Das macht die Fahrten anstrengend.

Von Paphos aus gehts zunaechst ueber den Bergruecken (ca 700m ) auf die Suedseite der Insel. Eine traumhafte Abfahrt erzeugt das Gefuehl eines Landeanflugs auf die Bucht von Polis. Danach ist allerdings das Hinterrad wieder platt.

Ich quartiere mich in einem Appartment fuer 30 Euro pro Nacht ein. Das gibt neue Moeglichkeiten der Selbstversorgung. Ansonsten gehe ich die Tage ruhig an: ein Tag am Meer, eine Wanderung auf dem "Aphrodite Trail" am westlichen Ende der Suedkueste, eine Tour an die tuerkische Grenze im Osten.

Der Weg ins Gebirge beginnt mit einem anstrengenden Tag hinauf zur Forststation in Stavras. Dort betreiben die Forstbeamten eher unwillig ein englisches "Resthouse" als Hostel fuer 14 Euro pro Nacht. Die naechste Station ist das Kloster Kykkos auf 1300 m Hoehe. Ein junger Pater erbarmt sich des einsamen Radfahrers und nimmt mich in die (kostenlose) Pilgerherberge auf, die eigentlich orthodoxen Christen vorbehalten ist. Die folgende Station Pedoulas bietet eine positive Uebernachtung im Hotel "Mountain Rose". Fuer 30 Euro gibts noch ein Abendessen mit sieben Gaengen dazu. Ansonsten glaenzt Pedoulas mit einer mittelalterlichen Kirche, deren Fresken noch wunderbar erhalten ind.

Der Weg ueber den Bergruecken zurueck auf die Suedseite fuehrt ueber den 1400 m hohen Pass nach Pano Platres. Eine Hoehenstrasse mit weitem Blick auf die im Dunst verschwimmende Kuestenebene fuehrt in das touristisch gut entwickelte Dorf. Im Hotel "Petit Palais" finde ich ein guestiges Zimmer.

Noch am gleichen Nachmittag gehts hinauf nach Troodos, den mit 1700 m hoechsten Ort in Suedzypern. Hier gibts nur ein Hotel und vier Restaurants. Heute ist Wandertag durch die Schlucht des Baches, der in Troodos entspringt. In mehreren Wasserfaellen verliert er auf seinem kurzen Weg zum Meer die Hoehe.

Viele Gruesse aus dem "gruenen Zypern"

Joachim Heidinger

8. Juni 2012

Pafos

Hallo,

die dritte Etappe meiner Zypernreise fuehrt mich nach Pafos am oestlichen Rand der griechisch-sprachigen Suedkueste. Diese Stadt bietet besonders schoene Ausgrabungsgelaende mit gut erhaltenen Mosaiken und beeindruckende Steilkuestenabschnitte.

Die 80 km von Lemesos nach Pafos plane ich, in einer Tagesetappe zu schaffen. Mit vollem Gepaeck und der Hitze um die Mittagsstunden ist das eine Herausforderung. Die ersten 20 km bis Kourion sind schnell geschafft. Dann beginnt aber der bergige Teil mit mehreren Anstiegen auf 200 m Hoehe und abenteuerlichen Abfahrten. Dabei fuehrt die Strasse quer durch ein britisches Militaerwohngelaende. Die endrucksvollste Abfahrt endet an einem Kreidekuestenabschnitt, der Aphroditefelsen genannt wird. Vereinzelt stehen Felsbloecke vor dem Strand im Meer. Die letzten 30 km sind zwar flacher - aber muehsam nach den mittaeglichen Anstrengungen. Auch das Rad ist in Mitleidenschaft gezogen: dar Hinterradreifen verliert langsam Luft.

In Pafos komme ich zuerst im Hotel Pyramos unter - leider nur fuer eine Nacht. Am zweiten Tag ziehe ich um in ein moebliertes Appartment mit eigener Kueche - keine schlechte Alternative. Beides kostet jeweils 30 Euro pro Nacht...

Am Abend der Ankunft ist grosses Stadtfest mit hunderten von Verkaufsstaenden und grosser Musikbuehne im alten Hafen. Ein eindrucksvoller Mondaufgang (Vollmond) ueber den Fischerbooten ergaenzt die Feststimmung. Zum Abschluss gibt es ein kurzes aber praechtiges Feuerwerk.

Am zweiten Tag bleibt nach dem Ortswechsel nachmittags Zeit, den "Archaeologiepark" zu besuchen. Neben den ueblichen Ausgrabungen gibt es eine Villa mit komplett erhaltenen Bodenmosaiken - sehr schoene Bilder aus der griechischen Mythologie.

Eine Totenstadt unter der Erde sind die "Tombs of the Kings". Reiche Buerger der Roemerzeit haben sich in den Stein prachtvolle Villen meisseln lassen - mit saeulenbegrenztem Atrium und Nischen fuer die Toten der Familien in den Nebenraeumen. Das Gelaende liegt an einem sanften Hang zum Meer hin - mit prachtvoller Aussicht. Diese Nekropole besichtige ich am Nachmittag - nach einer Spazierrunde durch die 150 m hoeher gelegene Altstadt von Pafos am Vormittag. Einen basaraehnlichen Markt aus ueberdachten Gassen gibt es dort - aehnlich wie in tuerkischen Staedten.

Wieder 20 km zurueck nach Westen fuehrt mich der Besuch von Kouklia am naechsten Tag. Eine weniger eindrucksvolle Ausgrabung des Aphrodite-Heiligtums und ein kleines Museum gibt es dort. Am Vormittag gelingt es mir, den undichten Hinterreifen von der Gepaeckfahrt zu reparieren.

Heute folge ich der Strasse nach Norden entlang der eindrucksvollen Ostkueste. Immer wieder unterbrechen Steilkuestenabschnitte die Badebuchten. Wenn dort ein Ausgrabungsgelaende liegt, ist die Hotelbebauung ausgeschlossen. Auch deswegen gibt es wohl so viele Ausgrabungsstaetten auf Zypern.

Viele Gruesse aus dem geschichtstraechtigen Zypern

Joachim Heidinger

3. Juni 2012

Limassol

Hallo aus Zypern,

seit dem letzten Sonntag bin ich nun weiter gefahren nach Limassol, die zweite grosse Stadt an der Suedkueste. Mit vollem Gepaeck gings zunaechst bis zum "Governor's Beach" einem Abschnitt mit Kreidefelsen und kleinen Badebuchten. Angegliedert ist ein Campingplatz, der aber vor allem von Dauercampern und kleinen Ferienhaeusern besiedelt ist. Ein rudimentaerer Zeltplatz steht Tagesgaesten zur Verfuegung. Der "Duschblock" wird gerade erst aus der Winterstarre befreit. Ein junges Paar aus Koeln startet hier auch ihre Zypernrundreise - allerdings mit Auto und Zelt.

Die naechste Etappe betraegt nur noch 30 km. Zwischenstopp ist in Amathous, der Ausgrabungsstaette eines ehemaligen Stadtkoenigtums. Vom Reichtum der Stadt zeugt noch die Infrastruktur mit verschiedenen Wassernetzen und Entsorgung. Mehr als die Gebaeudeumrisse sind aber nicht mehr erhalten.

Schon 10 km vor dem Stadtzentrum beginnt eine endlose Hotelfront mit mehr oder weniger teuren Hotelburgen. Ich suche das Guesthouse "Luxor". Es liegt direkt in der Fussgaengerzone. Allerdings ist an dem Anwesen seit 50 Jahren nichts mehr renoviert worden. Ein sehr alter Herr fuehrt das Haus - Tag und Nacht. Er ist fuer alles zustaendig. Ich bleibe allerdings der einzige Gast, nutze die zwei Tage dort fuer das Kennenlernen der Altstadt mit Burg, ehemaliger Carobmuehle, schoenem Stadtpark,... Die naechsten vier Tage buche ich im "Village Hotel" - fuer 10 Euro mehr, dafuer aber mit eigener Dusche, Klimaanlage und Hotelfruehstueck.

Vier Ausfluege mit dem Rad gelingen von hier aus. Noch am Umzugstag starte ich zur Halbinsel Akrotiri. Vorbei am neuen Hafen, einem riesigen Containerumschlagplatz, gehts quer durch die britische Zone zu einem idyllischen Salzsee. Im abgelegensten Teil gibt es ein Nonnenkloster, das bekannt ist durch seine zahlreichen Katzen, die der Schlangenbekaempfung dienen sollen. Der Rueckweg fuehrt ueber eine Piste durch den trockenen Teil des Salzsees zu einem 4 km langen unberuehrten Kiesstrand gegenueber der Stadt.

Die wirklich grossartige Ausgrabung sieht man in Kourion, 20 km westlich von Limassol. Hier findet man auf einem Bergruecken ueber der Steilkueste alles, was eine griechisch-roemische Stadt ausmacht: Ein wunderschoenes Theater mit Blick ueber das Meer, eine Villa mit gut erhaltenen Mosaiken, eine fruehchristliche Basilika, ein Stadium (griechischer Art) und ein Apollo-Heiligtum mit dekorativ wieder aufgerichteten Saeulen.

Der dritte Tag fuehrt mich in die Berge am Rande das Troodosgebirges. Hier gedeiht der zyprische Wein, durchaus gut geniessbar. Die Hoehenlage (600m - 800m) ist eher ungewohnlich, aber der sommerlichen Trockenheit in der Ebene geschuldet. Auf gut ausgebauten Strassen gehts muehsam aufwaerts, anfangs in der Naehe der Stadt mit viel Verkehr. Einsam (und steil) werden die Strassen im Weinbaubereich. Vielfach werden nur schmale Terrassen genutzt. Die Weinstoecke stehen frei und erzeugen niedrige, buschartige Reben. Geerntet wird nur von Hand.
Der Abschluss der Rueckfahrt gleicht einem Anflug auf die Ebene von Limassol: Von 400m Hoehe verlaeuft die Strasse fast gerade abwaerts mit staendig wechselnder Perspektive auf die auf Meereshoehe liegende Ebene - ein grandioser Abschluss einer anstrengenden Tour (ca 80 km und 1000 Hoehenmeter).

Heute gehts nach dem Fruehgottesdienst (8:00 Uhr) nochmals ins Hinterland. "Commandaria" heisst ein likoeraehnlicher Rotwein, der nur hier produziert werden darf. Die spaet geernteten Trauben werden noch einige Tage in der Sonne gedoerrt, bevor sie gekeltert werden. Im Weinmuseum durfte ich ein Likoerglaeschen probieren. Er erinnert an Sherry - mit exotischen Aromen (Nuss, Kaffee,...). Die Anbaubereiche sind oft nur schmale Mulden in einer Senke oder steile sehr sonnige Haenge. Die Doerfer sind eher untypisch fuer Weindoerfer - viele neue Gebaeude verdecken die alte Struktur und zeugen vom neuen Reichtum der griechischen Zyprioten.

Viele Gruesse aus dem sommerlichen Zypern.

Joachim Heidinger