28. Februar 2012

Knysna

Hallo,

in kurzen Etappen radle ich nun die Garden Route entlang, von Mossel Bay bis Tsitsikamma. Die Schoenheit der Landschaft verleitet mich, jeweils zwei Tage an den einzelnen Stationen zu verbringen. Inzwischen bin ich in Knysna eingelaufen, etwa in der Mitte der Garden Route.

Mit der Hoffnung, doch noch zu einem Platz in der Motordraisine zu ergattern, bin ich schon um 08:30 Uhr im Transport Museum in George. Die erste Nachfrage vor Ort wird nochmals negativ beschieden: Eine Reisegruppe habe die Fahrt gebucht. Um 09:00 beobachte ich, wie der Reiseleiter eine Liste von Telefonnummern abarbeitet - offenbar eine Warteliste fuer die Fahrt. Ich solle noch etwas warten - es besteht nun doch die Chance auf eine Mitfahrt. Schliesslich lande ich auf einem Notsitz - direkt am Fenster des Zuges: drei Fahrzeuge werden heute Morgen zusammengekuppelt und rumpeln ueber den 700 m hohen Pass. Die Strecke zeigt enge Radien und Steigungen wie bei einer Schmalspurbahn. Dass hier noch schwere Gueterzuege von Port Elizabeth mach Worcester fahren, ist kaum zu glauben. Durch die Rundumfenster beobachte ich eine grandiose Bergwelt, in die zwei Strassen- und eine Eisenbahnstrecke eingearbeitet wurden. Auf der gegenueberliegenden Talseite wird die Reisegruppe von ihrem Bus abgeholt, sodass wir bei der Rueckfahrt viel Platz im Zug haben. Ein Platz in der ersten Reihe am Fenster erlaubt mir den Lokfuehrerausblick und ungestoertes Fotografieren.

Neben einer Reihe schoener Dampflokomotiven und besonderer Wagen (Speise- und Salonwagen) besitzt das Museum eine Modellbahn. Die Vereinsmitglieder kann ich zur Modellbahnszene in Suedafrika befragen. Es gibt nur wenige Haendler, das meiste muss aus USA oder England bestellt werden. Umso erfreulicher ist die raumfuellende Anlage des Clubs mit umgearbeiteten Modellen der suedafrikanischen Eisenbahn.
Am Nachmittag finde ich noch Zeit fuer den katholischen Vorabendgottesdienst in der aeltesten kath. Kirche Suedafrikas. Die Gemeinde hat noch einen eigenen Pfarrer, so dass am Samstag und am Sonntag Messe gefeiert wird.

Am Sonntag starte ich zur Etappe nach Sedgefield, etwas mehr als 50km. Die Stadtausfahrt aus George geht sanft bergab. Nach der Vereinigung mit der N2, die als Autobahn die Stadt umfaehrt, folgt eine laengere Gefaellestrecke ins Tal des Swart River. Dann jedoch gehts nochmal kraeftig hoch, bis ich bei Wilderness endgueltig die Kueste erreiche. Von hier onduliert die Strasse zwischen dem Duenenruecken und dem naechsten Flusstal, also gibts wieder mehrere unnoetige Steigungen.

Gegen Mittag bin ich trotzdem schon in Sedgefield.

Das Backpackers Hostel liegt direkt am Mioli-Strand. Von der Dachterrasse kann man ueber die Duene aufs Meer schauen. Abends geht dort die Sonne im Meer unter... Der Abendspaziergang fuehrt am Sandstrand entlang zu den versteinerten Sandduenen, die hier 100 m hohe Klippen bilden - davor der begehbare Sandstrand. Man koennte 15 km weit laufen.

Am Montag versuche ich mich an der Dirt Road, die parallel zur stillgelegten Museumsbahn des Dampfzugs (Knysna nach George) an den Seen im Hinterland entlang fuehrt. Fast ohne Steigung erreicht man so Wilderness. Allerdings fuehrt die Waschbrettstruktur der Strassenoberflaeche zu ueblem Durchruetteln von Fahhrad und Fahrer. Mit Gepaeck waere eine solche Fahrt nicht moeglich. Unterwegs gibt es im Schilfguertel der Seen integrierte Beobachtungsstaende fuer die Vogelbeobachtung ("Bird Hide"). Sehenswert in Wilderness sind eigntlich nur die Prachtvillen am Seeufer. Auch der Strand kann mit Sedgefield nicht mithalten.

Heute folgt die Etappe bis Knysna. Zweimal gehts bis auf den Bergruecken hoch und ins Flusstal wieder hinunter. Knysna liegt an einem grossen Sund, der durch eine schmale Einfahrt zwischen den Klippen ("Knysna Heads") mit dem Meer verbunden ist. Am Ufer gibts noch den historischen Bahnhof - ganz im englischen Stil - der Museumsbahn. Das Hostel liegt direkt an der Hauptstrasse. Etwas unterhalb komme ich in einem Viererzimmer unter. Mehrere Deutsche bewohnen die anderen Zimmer.

Am Nachmittag radle ich zum Meereseingang und geniesse die leicht wolkenverhangene Abendstimmung zwischen den Klippen.

Viele Gruesse vom ruhigen Knysna

Joachim Heidinger