10. September 2011

Tallinn

Hallo liebe Reisefreunde,

soeben bin ich in Tallin eingelaufen. Zuletzt verlief die Reise jedoch etwas holprig...

Doch der Reihe nach:
In Riga moechte ich eigentlich zwei Tage bleiben. Dauerregen am Vormittag des Abreisetages veranlasst mich aber, noch einen Tag dranzuhaengen. Der erste Tag ist der Stadt und seinen politischen Museen gewidmet. Dargestellt wird vor allem der Schrecken der russischen Besatzung. Die Deutschen kommen relativ glimpflich davon, obwohl sie in Riga auch alle Juden ermordet haben.

Am Nachmittag schlendere ich durch die riesigen Markthallen direkt neben dem Hostel. Es sind ehemalige Zeppelin-Hangars. Dort gibt es alles, vor allem aber spottbilige Lebensmittel...

Am zweiten Tag besuche ich zuerst das Jugendstielviertel der Stadt. Eine komplette Strasse mit eindrucksvollen mehrstoeckigen Jugendstilhausern ist erhalten geblieben und zumeist hervorragend renoviert.

Am Nachmittag fahre ich mit der S-Bahn ins benachbarte Seebad Jurmala. Ein gigantischer Sandstrand liegt vor den mondaenen Villen, der jetzt fast leer ist. Strandwanderer oder -radfahrer ueberwiegen. Den Regentag nutze ich fuer weitere Museen: zuerst das eher enttaeuschende Eisenbahnmuseum, dann die mehr zufaellig zusammengetragene staatliche Kunstsammlung.

Am naechsten Tag geht es endlich weiter bis Salacgriva, kurz vor der estischen Grenze. Anfangs nutze ich eine Nebenstrasse entlang der Kueste. Dann muss ich weiter auf der "Via Baltica" , der Fernstrasse nach Tallinn fahren. Mit zunehmender Entfernung von Riga nimmt die Qualitaet der Strasse ab, der LKW-Verkehr aber nicht. In Salacgriva finde ich ein Zimmer in einem Hotel, das vorwiegend als Pflegeheim fuer Senioren genutzt wird (ohne Lift). Der naechste Tag ist stark bewoelkt. Kurz hinter der Grenze zu Estland beginnt eine wunderschoene Radroute abseits der Fernstrasse. Nach 30 kim endet leider das Vergnuegen. Es bleibt nur der Weg auf der Fernstrasse. Unterwegs rette ich mich wieder in ein Buswartehaeuschen vor dem einsetzenden Regen. Dabei begegnen mir zwei junge Maenner, die von Tampere nach Hannover trampen wollen (in 16 Tagen). Sie uebernachten nur im Zelt, im Wald. Heute nimmt sie aber niemand mit. So marschieren sie im Regen weiter entlang der Fernstrasse.

Abens bin ich im Seebad Paernu. Dort komme ich in einem preiswerten Hostel unter. Die Saison ist hier bereits bgeendet. Die Strandpromenade ist verwaist. Nur ein paar Kite-Surfer nutzen den Wind und das flache Wasser. Gestartet wird im Flachwasser liegend, wenn der Wind den Drachen so stark treibt, dass er zum Aufstehen reicht.

Gestern nun fahre ich zuerst in Richtung Westen nach Lihula, um der Fernstrasse zu entkommen. Auf der Weiterfahrt auf der N 10 ueberrascht mich erstmals ein Schauer, dem ich nicht entkommen kann. Alles wird ziemlich nass... Auf der Suche nach einer Unterkunft beginnt dann das erste Problem. Nach langem Fragen und Telefonieren ergibt sich, dass es in Laiste ein Hotel im alten Schloss geben soll. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit erreiche ich das Haus. Das Zimmer kostet erbarmungslos 62 Euro, derselbe Preis wie fuer zwei Personen. Ich beschliesse zunaechst mit der nahen S-Bahn noch nach Tallinn zu Fahren. Am Bahnhof schaue ich nochmals auf die Hotelbeschreibung: Sie bietet auch Camping an. Also gehts wieder zurueck. Ich darf im Schlossgarten mein Zelt aufstellen. Es gibt aber keine Infrastruktur (Dusche, Toilette). Nachts beginnt es wieder zu regnen. Morgens ist das Zelt durchgaengig nass.

Ich raeume trotzdem ein und begebe mich auf die loetzten 40 km nach Tallinn. Obwohl ich schon mittags dort bin, sind alle Hostels ausgebucht !! Dies sei jedes Wochenende so. Wenn in den anderen Staedten schon das Gefuehl von Nachsaison aufkommt, herrscht hier noch touristische Hauptsaison.

Nach vielen Versuchen, bei denen mir jeweils die Hostelbetreiber weiterhelfen, finde ich das letzte Bett in einem etwas ausserhalb liegenden Haus. Das aber nur, weil kurz vorher jemand seine Vorausbuchung wieder zurueckgezogen hat. Glueck also...

Viele Gruesse Tallinn

Joachim Heidinger